2 Fragen an die Bürgermeisterkandidatin

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Wie kann die Lücke zwischen den laufenden Kosten für Schulungen, Software, Wartung, etc. digitaler Infrastruktur und der finanziellen Förderung von Hardware geschlossen werden?

Auf die Frage gehe ich getrennt nach Schule und Verwaltung ein, da die Voraussetzungen sehr verschieden sind.

Schulen

Im Schulbereich ist bereits ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung gemacht: Die Landesregierung hat beschlossen, allen Lehrkräften (endlich!) Dienstgeräte zur Verfügung zu stellen. Damit können Lehrkräfte endlich rechtssicher Lernplattformen nutzen. Dieser Schritt war überfällig! Für die Stadt Oerlinghausen als Schulträger stehen hier 80 500 Euro zur Verfügung.

In NRW sollen außerdem zentral Lernplattformen zum Chatten, zur Videotelefonie und zur Verwaltung von Klassen, Kursen und Dateien zur Verfügung gestellt werden. Auch wenn es am Anfang Anlaufschwierigkeiten geben wird, bin ich davon überzeugt, dass zentrale Lösungen, an denen nur an einer Stelle Kosten für Wartung und IT-Sicherheit anfallen, die richtige Richtung sind.

Dazu passend – und da kommen Städte wie Oerlinghausen als Schulträger ins Spiel – müssen die Schulen und Schüler:innen vor Ort ausgestattet werden. Breitbandinternetanschluss, einheitliche Geräte für alle Schüler:innen, Beamer und Fernsehbildschirme, die eine einfache Kopplung mit diesen Geräten erlauben, passend dazu ausgestattete Fachräume in den Naturwissenschaften und die richtige Software für alle Fächer – das sollte von Anfang an bei der Planung berücksichtigt werden.

Und da müssen wir meiner Meinung nach nochmal an den Medienentwicklungsplan heran.

Verwaltung

Im Verwaltungsbereich ist die Sachlage aus meiner Sicht deutlich unklarer als im Bereich Schule. Die E-Government-Strategie des Landes kann man beim Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes NRW nachlesen. Ich gehe davon aus, dass sich im Nachgang der Corona-Pandemie an der konkreten Umsetzung noch etwas ändern wird, denn die Bereitschaft zur Digitalisierung hat sich in den letzten Wochen und Monaten deutlich gesteigert! Zwei Punkte sind aber weitestgehend unabhängig von Landes- und Kreisvorgaben, auf diese möchte ich hier kurz eingehen.

Erstens: Viele Annehmlichkeiten für Einwohner:innen und Unternehmen gehen ohne große Umstellungen für die Mitarbeiter:innen einher – Online-Terminvereinbarung oder Urkundenanforderung zum Beispiel. Auch eine bessere Präsentation von Standortfaktoren der Stadt Oerlinghausen auf der Stadt-Website bringt keine Wartungs- oder Schulungskosten mit sich.

Zweitens: Ein entscheidender Faktor ist die Gestaltung des Prozesses zur Digitalisierung vor Ort. Die Verwaltung intern zu digitalisieren ist ein langfristiger Prozess. Modellkommunen des Projektes E-Government (z.B. die Stadt Gütersloh) berichten, dass die größten Hürden die interne Kommunikation sowie die Mitarbeiter:innenakzeptanz sind. Deshalb muss jede Veränderung mit den gleichen Prinzipien angegangen werden wie gelungene Bürger:innenbeteiligung auch. Die Mitarbeiter:innen der Verwaltung sind die Expert:innen für ihren Job – teilweise mit jahrzehntelanger Erfahrung! Diese Expertise muss von Anfang an in den Prozess eingebunden werden. Fragen und Hinweise müssen so verarbeitet werden, dass mit der Digitalisierung tatsächlich die Arbeitsbelastung sinkt (und nicht steigt). Das erfordert ein Nachsteuern an konkreten Abläufen, wenn Probleme auftreten, und eine konsequente Begleitung mit Schulungen. Die Kosten dafür von außen im Vorhinein abzuschätzen, ist unmöglich.

Da ich selbst Informatikerin bin und sehr viel Erfahrung als Tutorin und Dozentin für ganz verschiedene informatische Inhalte mitbringe, kann ich aber – sofern zeitlich möglich – Schulungen unterstützen und kurze Wege für Nachfragen ermöglichen.

Wie kann einer sozialen Spaltung gegengesteuert werden, sodass alle, von Senior:innen bis hin zu Kindern, gleichermaßen an Digitalisierung teilhaben können?

Oft hat man den Eindruck: Computer und Laptops zum Arbeiten und Surfen haben alle. Aber dieser Eindruck trügt! Zu konsequenter Digitalisierung gehört auch, dass alle Menschen Zugang zu der passenden Ausstattung haben.

Um finanzielle Hürden bei der Nutzung im Allgemeinen abzubauen, gibt es verschiedene Möglichkeiten, z.B. Internetcafés (wie in guten alten Zeiten), Abverkäufe von alter Hardware, z.B. ausgemusterte Schulrechner oder iPads der Ratsmitglieder, oder gezielte Vermittlungsprogramme von alten, ausgemusterten, aber noch funktionsfähigen Laptops und Computer an Menschen, die sich sonst keinen Computer leisten können. Welcher Weg für Oerlinghausen der richtige ist oder ob es eine Kombination dieser Sachen sein kann oder muss, lässt sich erst sagen, wenn der genaue Bedarf feststeht.

Auf die beiden in der Frage genannten Zielgruppen – Kinder und Jugendliche sowie Senior:innen möchte ich noch einmal gesondert eingehen.

Kinder und Jugendliche

Kinder und Jugendliche müssen eigene digitale Geräte besitzen, die sie in der Schule und auch zu Hause nutzen können. Nur so lässt sich eine Spaltung nach dem Einkommen der Eltern verhindern! Geräte, die verpflichtend und vornehmlich für die Schule verwendet werden, können dabei helfen, diese Lücke zu schließen. Das klingt erst einmal seltsam, hängt aber damit zusammen, dass Schulgeräte gut gefördert werden können.

Viele weiterführende Schulen, die verpflichtend Laptops oder Tablets in Klassen einführen, berichten, dass…

  1. …bei langer Vorankündigung ein Großteil der Eltern das Gerät im Voraus kaufen (statt eines Handys oder eines anderen Computers, der sowieso angeschafft worden wäre).
  2. …nur geringe Mehrkosten entstehen, wenn dafür die ohnehin üblichen Kosten z.B. für Taschenrechner, Kopien oder Arbeitshefte entfallen.

Wie für anderen Schulbedarf auch kann hier ein Zuschuss beantragt werden. Die meisten Schulen kombinieren diese Maßnahmen noch mit einem günstigen Finanzierungsmodell über den Schulträger (z.B. ein Abbezahlen mit 5, 10 oder 20 Euro im Monat über mehrere Schuljahre) und einer gemeinschaftlichen Versicherung mit geringer Selbstbeteiligung, damit auch ein Schaden am Gerät finanziell abgesichert ist.

Die Erfahrung der Schulen ist, dass sich damit alle bis auf sehr wenige Familien Geräte für ihre Kinder gut leisten können. In Härtefällen werden dann Sonderlösungen über den Förderverein oder den Schulträger gefunden, wie es auch jetzt vielerorts für Klassenreisen, Schulmaterial und Taschenrechner der Fall ist.

Eine solche Lösung in gemeinsamer Planung mit Eltern, Schüler:innen und Schulen strebe ich auch für Oerlinghausen an. Hier gilt es alle von Anfang an einen Tisch zu holen und Wünsche und Anregungen, aber auch Sorgen und Ängste ernstzunehmen. Bevor eine verpflichtende Lösung gefunden wird, müssen Modellrechnungen zeigen, welche Mehrkosten potenziell für Familien entstehen (und wie diese weitestgehend vermieden werden können).

Gerade während des Lockdowns hat man feststellen können, dass auch Zugang zum Internet ein Problem ist. Der Marketingverein hat sich sowieso flächendeckendes freies WLAN zum Ziel gesetzt. Wählt man (einige wenige) Standorte so, dass gezielt dort Router aufgestellt werden, wo Kinder und Jugendliche ohne eigenen Internetzugang leben, kann man auch hier einer Spaltung entgegenwirken. Diese Maßnahme ist kosteneffizient (ein Router kostet nur um die 40 Euro bis 60 Euro) und ist innerhalb weniger Tage umsetzbar.

Senior:innen

Zwischen 2012 und 2018 ist die Anzahl an Senior:innen, die digital unterwegs sind, deutlich gestiegen (siehe zum Beispiel diese Statistik).

Neben Schulungen (zum Beispiel in VHS-Kursen), die Senior:innen dort abholen, wo sie gerade stehen (und sei es beim Einschalten des Computers), braucht es auch freie Angebote. Regelmäßige Senior:innencafés, wo sich Senior:innen auch untereinander bei der Benutzung von Smartphone und Computer unterstützen, sind eine sinnvolle Maßnahme.

Werden die Verwaltung der Stadt sowie ihre Angebote digitalisiert, muss es auch dazu Informations- und Schulungsangebote für alle Interessierten geben. Und nicht-digitale Angebote müssen weiterhin zur Verfügung stehen, damit niemand ausgeschlossen wird.

Auf der anderen Seite sollte nicht nur die Internet- und Gerätenutzung vermittelt werden, sondern auch die Vorteile von Digitalisierung im Alter, z.B. Hausnotruf, automatische Überwachung von Vitalwerten, Lieferdienste für Lebensmittel usw., die Menschen dabei unterstützen können, lange selbstständig und unabhängig zuhause wohnen bleiben zu können. Hier bieten sich Vortragsreihen und Ausstellungen an. Bevor hier konkrete Planungen angestellt werden können, muss aber die Ausrichtung des neuen Gesundheitszentrums abgewartet werden, das als einen Schwerpunkt auch Digitalisierung in der Medizin hat.

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