„Erhalt sollte vor Neubau stehen!“

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Künstliche Intelligenz könnte die Verkehrsspitzen an B239 abmildern

Die lippische Landtagsabgeordnete Julia Eisentraut und Martin Metz, Sprecher für Straßenverkehr der GRÜNEN Landtagsfraktion, haben sich Ende Oktober im Umweltzentrum Heerser Mühle über den geplanten Bau der B239n informiert. Nach einem Rundgang über das Gelände fand ein Austausch mit der Bürgerinitiative „B239n – Nein Danke!“, dem Trägerverein des Umweltzentrums Heerser Mühle, Vertreter*innen des NABU, des BUND und der kommunalen Politik sowie engagierten Bürger*innen statt.

Ulrich Niebuhr, Vorsitzender des Vereins der Heerser Mühle, und Volker Schubach von der Lagenser Bürgerinitiative „B239n – Nein Danke!“ verdeutlichten zunächst, dass die drei deutlich übermannshohen Stelen auf dem Gelände der Heerser Mühle für Ort und Höhe des geplanten Neubauprojektes stehen. Sie sind sich einig: „Die Bundesstraße 239n wäre der wohl größte und schwerwiegendste Eingriff in das Ökosystem Lippes in diesem Jahrhundert.“ Neben dem Umweltzentrum wären auch intakte landwirtschaftlich genutzte Flächen bei Holzhausen und Lage sowie ökologisch wertvolle Uferauen der Werre betroffen.

Martin Metz benannte einen weiteren Haken der Planungen, die auf Entscheidungen in den 1960er-Jahre zurückgehen und auf damals übliche großräumige bauliche Maßnahmen setzen: „Für traditionsreiche Betriebe von Bad Salzuflen bis Lage würden jahrelange Baumaßnahmen massive Einschränkungen zur Folge haben, anstatt schnell effektive Verbesserungen zu erzielen.“ Das auf dem Termin häufig angesprochene Prinzip „Erhalt vor Neubau“ brächte demnach auch der heimischen Wirtschaft Vorteile.

Der Nutzen ist umstritten

Dabei soll der geplante Neubau von großflächigen Knotenpunkten und insgesamt 15 Brückenbauwerken auf der Strecke zwischen der A2 bei Herford und der Stadt Lage doch vor allem dem Reisezeitgewinn und damit der Wirtschaft und den Berufspendler*innen zugutekommen. Der größte erwartbare Nutzen entsteht auf der 17,5 Kilometer langen Gesamtstrecke mit minimal eingesparter Fahrtzeit. 

Dem gegenüber stehen für den Haushaltsausschuss des Bundestages aktuell Nettobaukosten von knapp 190 Millionen Euro allein für den Neubau der Bundesstraße, dies entspricht fast einer Verdopplung zu den ursprünglich kalkulierten 97 Millionen Euro. Das Gesamtprojekt mit allen Nebenkosten dürfte noch einmal deutlich teuer werden.  

Bernd Milde, Vorsitzender des NABU Lippe, bemängelt zudem, dass für die Bewertung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses der Verbrauch von 150 Hektar Fläche aus Ackerland und Naturraum unterbewertet werde. Auch die mit Bau und Nutzung verbunden CO2-Emissionen fänden angesichts des Klimawandels keine ausreichende Berücksichtigung. Das Ziel der Mobilitätswende bliebe vollkommen unbeachtet.

Große Einigkeit herrschte bei den Experten aus Umweltschutz und Politik darüber, dass es zeitgemäße und kostengünstigere Alternativen gibt, den Verkehr in Spitzenzeiten zu entlasten.

Pilotprojekt zu KI gewünscht

Ulrich Niebuhr setzte sich für einen Ausbau in Teilbereichen der alten B239 ein: „Mit einer intelligenten Vernetzung der Ampelanlagen auf der Strecke und dem Ausbau einiger Kreuzungsbereiche kann ein ähnlicher Nutzen bei deutlich geringeren Kosten erreicht werden.“

Für den Einsatz von künstlicher Intelligenz zur Regulierung des Verkehrsaufkommens leistet das Fraunhofer Institut in Lemgo weltweite und wegweisende Spitzenforschung. Es hat bereits ein Projekt konzipiert, das auf der B239 erprobt werden könnte. Für die Durchführung dieses Modellprojektes haben die Bürgermeister der Städte Bad Salzuflen, Detmold und Lage, die Heerser Mühle e. V. sowie die Bürgerinitiative aus Lage in einem gemeinsamen Schreiben um Unterstützung gebeten. Bisher hat das Bundesministerium für Digitales und Verkehr, in dessen Auftrag das Projekt geplant wird, die Zustimmung zu einem solchen Modellprojekt verweigert.

Schubach und Niebuhr wünschen sich von Julia Eisentraut und Martin Metz, sich weiter dafür einzusetzen, dass die Umsetzung KI-gesteuerter Ampelanlagen auch für die B239 vorangetrieben und Mittel hierfür priorisiert eingesetzt werden. Die Nähe von Forschungsstandort und dem Institut Fraunhofer IOSB-INA an der TH Lemgo sein geradezu ideal für eine Untersuchung und Umsetzung von KI im Straßenverkehr.

Auch Julia Eisentraut hält eine solche effiziente Nutzung vorhandener Infrastruktur aus finanziellen und ökologischen Gründen geboten. Die Abgeordnete hatte zu dem Termin eingeladen und dankte den Teilnehmer*innen: „Wir müssen die Klimakrise und den Verlust der Artenvielfalt bewältigen. Gerade weil diese Themen aktuell in den Hintergrund treten, begrüße ich das starke Engagement der Bürgerinitiative „B239n – Nein Danke!“ für eine nachhaltige Verkehrsplanung. Auch für mich ist klar: Bei Straßenbau muss der Erhalt unserer Infrastruktur Vorrang vor Neubau haben!“

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